Keine Idee ist etwas wert, wenn nicht Mitstreiterinnen gewonnen, Kunden begeistert, Interessenten generiert werden. Social Media bieten besonders gute Möglichkeiten der Vernetzung – auch für die Jobsuche. Wie aber hebt man sich von der Konkurrenz ab und bleibt sich selber zugleich treu? Robby van Kessel kennt die Antworten.
Social Media bieten gute Möglichkeiten der Vernetzung – auch für die Jobsuche.
Text CARMEN SCHURTER
«Nur wer sichtbar ist, findet auch statt», so wird Tijen Onaran oft zitiert, eine in den sozialen Medien sehr präsente deutsche Unternehmerin, die sich international für Digitalisierung und die Sichtbarkeit von Frauen in der Wirtschaft engagiert. Verweist diese Aussage auf die Dynamik der Selbstvermarktung, einen wichtigen Aspekt des Netzwerkens, oder gar auf den qualitativen Unterschied zwischen analogen und digitalen Medien?
ROBBY VAN KESSEL: Ja – und ja und nein: Wenn ich mich in einem analogen Umfeld bewege, an einem geschäftlichen Anlass beispielsweise, werde ich auch wahrgenommen, wenn ich mich nicht explizit hervortue. Bin ich jemandem aufgrund eines sympathischen Aspekts aufgefallen, kann mir diese erreichte Aufmerksamkeit später auch ohne spezifische Aktivität meinerseits zugutekommen. Im virtuellen Raum bin ich jedoch ohne spezifische Aktivität kaum sichtbar. Hier ist es unabdingbar, dass ich mich äussere und profiliere, um nicht in der schieren Datenmenge als Null unterzugehen. Aber auch im sogenannten «Offlinemodus» ist es natürlich von Vorteil, wenn ich eine Strategie der Selbstpräsentation verfolge.
Onlinekommunikation wurde in der Pandemie enorm in den Fokus gerückt. Da gab es sicherlich auch Entwicklungen in den sozialen Medien. Was ist dir da aufgefallen?
Ja, tatsächlich ist eine Zunahme der Aktivitäten auf Onlineplattformen zu verzeichnen, wobei ich persönlich mich vor allem auf LinkedIn konzentriere, da mir diese Plattform als die vielversprechendste erscheint. Viele Stellensuchende, die sich bisher kaum auf LinkedIn vernetzten, erkannten durch die aktuelle Situation, dass im digitalen Raum die grösstmögliche Reichweite und Aktivität generiert werden kann.
Beim ersten Schritt jedoch kommen schon die ersten Hindernisse: Wie erstelle ich mein Profil, und zwar nicht in technischer Hinsicht, sondern vor allem: Will und kann ich mich gut profilieren? Wie geht das? Was hat die Sichtbarkeit für Konsequenzen, und darf ich mich ins Rampenlicht stellen, darf ich mich zum Beispiel mit Posts so profilieren? Aber das ist eine typisch schweizerische Zurückhaltung, ich vertrete eher die Haltung: Tue Gutes und sprich darüber. Wenn du etwas kannst, zeige und verbreite es.
Wie erkennt man, ob man sich richtig profiliert, ob man richtig kommuniziert, sprich: sich mit den richtigen Leuten vernetzt?
Die ersten Fragen, die sich stellen, sind: Wer bin ich, was will ich, und was ist mein Ziel? Es macht zum Beispiel wenig Sinn, auf eine Social-Media-Plattform zu gehen, bloss weil alle das machen. Klar, es schadet auch nicht. Aber es bringt auch nichts, wenn das Profil nicht bewirtschaftet wird. Ich beispielsweise verbringe täglich bis zu anderthalb Stunden auf LinkedIn, was bei mir als Selbständigerwerbender auch geschäftlich sinnvoll ist, da ich so ständig Kontakte zu potenziellen Auftraggebern aufbaue. Eine wirklich gute digitale Präsenz erfordert viel Arbeit, weshalb ich auch davon abrate, Profile doppelt oder dreifach zu führen. Klar, da gibt es Plattformen wie Facebook oder Instagram für private Vernetzungsaktivitäten oder den B2C-Markt. Aber als Stellensuchender oder Unternehmerin sollte man sich für eine Plattform entscheiden, und da würde ich, wie bereits erwähnt, LinkedIn mit über drei Millionen Usern in der Schweiz empfehlen. Aber der Erfolg kommt nicht sofort, das ist ein ständiger Prozess und erfordert echtes Engagement. Das Netzwerk ist ein plastisches Gebilde: Durch Kommunikation in professionellen wie privaten Dingen kommen neue Kontakte hinzu, verlieren sich andere.
Wie kommuniziert man online am besten?
Generell vertrete ich die Maxime: «Verhalte dich online wie offline». Das heisst, pflege deine Kontakte, wie du deine analogen sozialen Kontakte pflegst. Gratuliere zum Geburtstag oder zum Stellenantritt und nutze diese Gelegenheiten, um dich wieder in Erinnerung zu bringen. Statt mit jemandem einen Kaffee zu trinken, kannst du Posts kommentieren und auf diese Weise erfahren, womit sich dein Gegenüber beschäftigt. Was übrigens viel effektiver, weil persönlicher ist, als Beiträge nur zu liken. Interessant ist, die Überraschung in den Gesichtern von Kursteilnehmenden zu sehen, wenn sie ihre Offline-Netzwerke aufzeichnen. Sehr schnell stellen die meisten fest, dass da schon mal gut 400 bis 600 Leute zusammenkommen. All diese Personen machen ein Netzwerk aus, das weit über familiäre, freundschaftliche oder kollegiale Zusammenhänge hinausreicht. Da sich berufliche und private Sphären bei jedem Menschen, der in sozialer Interaktion steht, überschneiden, könnte auch jede Person in meinem Netzwerk ein potenzieller Kontakt meines zukünftigen Arbeit- oder Auftraggebers sein. So empfiehlt es sich also, einerseits grosszügig mit Kontaktanfragen umzugehen und diese anzunehmen, wenn gewisse Kriterien wie Berufsfeld, Interessen oder geografischer Raum stimmen. Andererseits empfiehlt sich auch eine gewisse Selektivität, einfach der Übersichtlichkeit wegen und damit eine Kontaktpflege auch möglich bleibt.